Wie ein Journalist Mohamed Bin Hammam bekämpft


21.09.2012



Wie ein Journalist Mohamed Bin Hammam bekämpft
Angriff auf die Pressefreiheit

Der Fall Mohamed Bin Hammam beschäftigt weiter die internationale Fußballszene. Hat der ehemalige AFC-Präsident manipuliert und bestochen? Der Journalist James Dorsey sagt: ja. Jetzt versucht der Funktionär den Reporter zum Schweigen zu bringen. Ein Angriff auf die Pressefreiheit?
TEXT:
HELEN STAUDE
BILD:
IMAGO
Wenn in den vergangenen Monaten über Mohamed Bin Hammam und den asiatischen Fußballverband berichtet wurde, ging es meistens um das Thema Korruption und Geld. Hat der Qatari und ehemalige Präsident des Asiatischen Fußball Verbandes (AFC) Bin Hammam mit viel Geld Stimmen für die Wahl zum Präsidenten der FIFA gekauft? Hat er seine Position als AFC-Präsident missbraucht? Im englischsprachigen Raum gibt es wohl keinen zweiten Journalisten, der so akribisch und lange über die Machenschaften der Fußballfunktionäre berichtet hat wie James Dorsey. Jetzt wird er angeklagt, von der World Sports Group aus Singapur. Dabei hat er nur getan, was ein Journalist tut: er hat berichtet. Die World Sports Group (WSG), Marketingpartner des AFC, hat allerdings etwas dagegen. Sie will mit allen Mitteln versuchen, an die Namen von Dorseys Informanten zu kommen. Vor allem aber will sie den Journalisten zum Schweigen zu bringen.

Die malaysische Polizei hat den ersten Verdächtigen festgenommen

Zum Verständnis: Am 5. September berichtete Dorsey, der AFC habe der malaiischen Polizei gemeldet, wichtige Dokumente seien gestohlen worden. Die Dokumente stünden in Verbindung zu einer getätigten Überweisung  von International Sports Events (ISE) - einer Anteilseignerin der WSG - an den ehemaligen AFC-Präsidenten Mohamed Bin Hammam. Die fehlenden Dokumente beziehen sich genau genommen auf eine Zahlung von zwei Millionen US-Dollar vom Jahre 2008, von der in Saudi-Arabien sitzenden ISE. Dorsey berichtete weiter, es habe eine weitere Zahlung von zwölf Millionen US-Dollar gegeben, diesmal aber von der Al Baraka Investment and Development Company. Die malaiische Polizei ermittelt in dem Fall, Mohamed Bin Hammam soll in dem Diebstahl der Dokumente verwickelt sein. Die malaiische Polizei hat jetzt den ersten Verdächtigen festgenommen. Tony Kang, Ehemann der einstigen Finanzdirektorin des AFC. Nach Bin Hammams Suspendierung hat man Amelia Gan entlassen; Grund war der Verdacht auf Korruption und Bestechung. Tony Kang wird jetzt beschuldigt, mit dem Diebstahl der geklauten Dokumente in Verbindung zu stehen.

Dorsey, der selbst in Singapur lebt, belegt seine Behauptungen mit einem AFC-internen Bericht von PriceWaterhouseCoopers (PwC). Die Wirtschaftsprüfer von PWC befassen sich unter anderem mit der Führung eines AFC-Bankkontos. Sie lassen keine Zweifel offen, Bin Hammam habe das Konto genutzt, als sei dies sein persönliches Konto gewesen. Ein weiterer Teil befasst sich detailliert mit den Verträgen zwischen dem Asiatischen Fußballverbund und der WSG. Geprüft werden im wesentlichen drei Punkte: die Art und Weise, wie der Vertrag zwischen den Parteien verhandelt und aufgesetzt wurde sowie die Eigenschaft des Vertrages und Bezeichnungen. Zuletzt ging es um die zwei oben genannten Zahlungen. Die beiden Zahlungen gingen direkt auf das Konto, welches Bin Hammam nutzte als sei es sein persönliches Konto. Von diesem Konto wurde das gesamte Geld zu Bin Hammams tatsächlichem Privatkonto überwiesen. „Es ist nicht klar, warum diese Zahlungen getätigt wurden und auch nicht, wofür das Geld bestimmt war“, so der Journalist. Wie er an die internen Unterlagen gekommen ist, bleibt sein Geheimnis. Es scheint, Bin Hammam habe das Konto des Fußballverbandes zur Geldwäsche benutzt, ein Grund warum der AFC die Wirtschaftsexperten von PwC beauftragt hat. Die Zahlungen stehen mit großer Wahrscheinlichkeit in Zusammenhang mit dem Vertrag der WSG. Der Report von PWC wirft aber in erster Linie Fragen auf und gibt keine Schlussfolgerungen, Fragen die die WSG zum Beispiel nicht beantworten will – im Gegenteil.

»Verzerrte und haltlosen Äußerungen«

Die Rechtsanwältin der WSG, Stephanie McManus, reagierte scharf auf Dorsey. Bereits vor der Veröffentlichung seines Artikels erklärte sie ihm in einem Brief, seine Informanten müssten ein sehr detailliertes Wissen über die von ihm aufgeführten Behauptungen haben. Sie forderte ihn auf, alle Artikel über die WSG, die auf seinem Blog erschienen sind, umgehend zu löschen. Er solle außerdem alle Quellen und Informanten offen legen. Nur wenige Tage später erhielt Dorsey einen Brief von WSGs Anwälten mit der Aufforderung, sich zu entschuldigen. In dem Schreiben heißt es, »ihre verzerrten und haltlosen Äußerungen zeigen wie wenig repräsentativ ihre Informanten sind und zeugen von ihrer Böswilligkeit.«

Dorsey zeigt sich von solchen Aussagen wenig beeindruckt. »WSG stellt sich nicht den Anschuldigungen. Sie versuchen einfach nur, die Debatte zum schweigen zu bringen. Sie wollen mich einschüchtern.« Er werde seine Quellen nicht offen legen und schon gar nicht aufhören zu berichten. Und genau das versucht die World Sport Group. Die Firma hat beim Gericht beantragt, Dorsey nach den Quellen und Informanten fragen zu dürfen. Nun könnte WSG versuchen, dem Gericht weis zu machen, seine Angaben seien schlichtweg falsch. Oder aber, WSG habe von seinen Berichten Schaden getragen. In diesen Fällen könnte es dazu kommen, dass Dorsey alles auf den Tisch legen muss.

ESPNSTAR.com Autor Jesse Fink beschreibt den Fall nüchtern: »Dorseys Fall ist Zeitverschwendung«. Er kritisierte das Vorgehen WSGs, geht gegen die Anschuldigungen gegen an. »Ich kenne Dorsey seit einiger Zeit. Ich bürge für seine Professionalität, seine Intelligenz und seine Arbeit. Seine Artikel zitiere ich regelmäßig und zwar nur aus dem Grund, weil sie einfach gut sind.« Auch Gianni Merlo, Präsident der International Sports Press Association (AIPS) nahm Stellung: »Jeder Journalist hat die Pflicht, über die Wahrheit zu berichten. Die Redefreiheit muss jedem Journalisten in jedem Land gewährleistet werden, die Gerichte haben dafür zu sorgen.« Für Merlo ist es undiskutabel, dass mächtige reiche Firmen, versuchen würden, ihre Geschäfte vor rechtlichen Konsequenzen zu verstecken.

Sollte die WSG Recht bekommen, stünde es schlecht um die Pressefreiheit

WSG benutzt Dorsey als abschreckendes Beispiel, was passiert, wenn Journalisten gegen sie berichtet – und wenn Informanten auspacken. Sie beugen vor, damit in Zukunft keiner mehr wagt, gegen sie das Wort zu erheben. Sollte WSG am Ende Recht bekommen, steht die Pressefreiheit vor einer dunklen Stunde. Zweifellos hat keine Firma das Recht einen Journalisten in so eine Situation zu drängen, die Pressefreiheit und Redefreiheit dermaßen zu untergraben. Der Prozess gegen Dorsey kann sich hinziehen. In der Zwischenzeit berichtet er weiter, über Bin Hammam, über die WSG. Einschüchtern kann man ihn nicht.

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